Olis Jugendzeit ist eng verknüpft mit der Entwicklung des Computers. Bereits 1985 wünschte Oli sich den ersten Homecomputer, einen Commodore 64. Wir beide haben so manche Stunden an diesem Gerät verbracht. Hierbei hat mich Oli mit dem Computer-Virus angesteckt. Bis heute beschäftige ich mich noch intensiv mit dieser Materie. Damals haben wir unsere ersten Basic-Programme geschrieben. Solche Spiele wie Winter- und Sommergames oder Elite (ein Weltraumspiel) haben uns häufig zusammengeführt. Eine Zeitlang haben Irmi und ich uns auch über diese Entwicklung gesorgt. Denn, wie auch später immer wieder bei anderen Dingen, hatte Oli sich mit einem Eifer in diese Sache gestürzt, der nur noch wenig Freiraum für andere Aktivitäten ließ. Sicherlich hat die Schule auch darunter gelitten. Was sind wir aber heute froh, daß wir Oli nicht mit Gewalt in diese tote Leistungsmaschine gepresst hatten. Wie wir heute wissen, hat er auch ohne ein Musterschüler zu sein, seinen Weg gemacht. Vielleicht nur ein wenig glücklicher als andere Kinder, die schon viel zu früh in der Leistungsmühle seelisch zerrieben werden.
1985 machte ich mit Oli, damals 12 jahre, und Yvi, 9 Jahre, eine schöne Radtour. Wir fuhren mit dem Zug nach Rüdesheim, unsere Fahrräder im Gepäckwagen. Dort angekommen wurden die Räder entladen und das Gepäck auf die Träger geschnallt. Dabei passierte oli ein Mißgeschick, das mich wegen meiner idiotischen Reaktion noch heute beschäftigt. Ob Oli bei seiner vermutlich stattgefunden Lebensrückschau (vgl. Raymond Moody, Leben nach dem Tod) diese Situation noch mal erlebte? Während ich also unser Gepäck auf die Räder verteilte, stand Oli bei seinem Rad und spielte mit der Handbremse. Er drückte den Handgriff immer wieder zu und ließ dann wieder los, vermutlich in Gedanken, wie man ja auch manchmal mit dem Fuß wippt, wenn man auf etwas wartet und ungeduldig ist.
Yvi hatte sich zu Oli gesellt und legte die Hand ans Lenkrad. Bei dieser Gelegenheit muß ihre Hand zwischen dem Bremszug und Bremsgriff geraten sein. Jedenfalls gab es ein lautes Geschrei, als Oli ihr in Gedanken einen Finger mit der Bremse abklemmte. Das Geschrei, das Gepäck, die Hitze - jedenfalls habe ich die beiden ganz schön angefaucht. Ganz besonders Oli habe ich angebrüllt. Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, jedenfalls war das total übertrieben. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, staune ich über Olis Reaktion. Er sagte nichts, schaute mich nur an. Er bedauerte Yvi und sagte zu mir nichts. Als wir ziemlich geschafft auf dem Berg in der Jugendherberge Rüdesheim ankamen, haben wir nicht mehr darüber gesprochen. Oli war fröhlich wie zuvor.
Die weitere Entwicklung in den 90er Jahren war geprägt durch Olis Interesse an PCs, Autos und Motorrädern. 1991 machte Oli den Führerschein Klasse 1 und 3. Vom Opa hat er das Geld für sein erstes Motorrad, eine Enduro, geschenkt bekommen. Ich hatte den Eindruck, daß Oli und ich uns zwar menschlich gegenseitig respektierten, aber ansonsten, bis auf den PC, nicht mehr allzuviele gemeinsame Interessen hatten. Mit Oli kam ich eine Zeitlang nicht gut ins Gespräch. Die Zeit 1991 bis 1997 lebten wir mehr nebeneinander her. Wir hatten den einen oder anderen Konflikt, bei dem ich mich momentan durchsetzte. Auf lange Sicht jedoch hat sich Oli immer durchgesetzt. Ich war nicht allzu konsequent im dauerhaften Durchsetzen meiner Erziehungsversuche.
Um wenigstens einmal im Jahr mit meinen Kindern auf engstem Raum gemeinsam etwas zu unternehmen, kam ich auf die Idee, einmal im Jahr mit den beiden auf Segeltour zu gehen. Wir haben das 1997 und 1999 auf der Müritz, einem großen See in Mecklenburg-Vorpommern, durchgeführt. Während ich in 1997 das Gefühl hatte, das Oli diese Tour nur mir zuliebe mitmachte, war dies in 1999 ganz anders. Da hatte ich das Gefühl, und Yvonne hat mir das bestätigt, dass Oli wirklich Spaß an unserer gemeinsamen Reise hatte. Wir hatten schöne Gespräche über Gott und die Welt. Wenn wir abends im Boot beieinander saßen, ohne Fernsehen oder sonstiger Ablenkungsmöglichkeit, öffnet man eine Flasche Wein und spricht man halt über alles Mögliche.
Oli hat auch von seinen beruflichen Plänen, von seiner momentanen Arbeit und den Kollegen gesprochen, die ihm sichtlich Spaß machte.